Mittwoch, 17. November 2010

Wer allen vorsteht, soll das Vertrauen aller haben...


H. P. Hurka in: Kirche In, November 2010 - www.kirche-in.at:

Wer allen vorsteht, soll das Vertrauen aller haben...

"Mit Pomp und Trara wurde Ägidius Zsifkovics am 25. September zum Bischof von Eisenstadt geweiht. 52 Bischöfe und 4 Kardinäle, die Landesregierung, Videowalls, ein eigenes Webportal, Fotografen und Journalisten sollten das Ereignis zum medialen Großevent werden lassen. Im Vorfeld der Weihe sprach der künftige Bischof von einem "Ereignis der Weltkirche."

Bei der Predigt stellte Kardinal Schönborn zum Evangelium der Hochzeit zu Kanaan fest, es gäbe auch Hochzeiten, die verfrüht stattfinden und solche, wo die Braut oder der Bräutigam nicht erwünscht seien. Beides scheint bei dieser Weihe offensichtlich zuzutreffen. "Sei ein Freund der Freuden der Menschen", riet ihm dann der Erzbischof kollegial.

Der verdiente und beliebte Alt-Bischof Paul Iby wurde unsanft, ja unhöflich frühzeitig aus dem Amt entfernt. Die Gläubigen seiner Diözese dankten ihm troztdem mit anhaltendem Applaus. Dem Neuen misstrauen viele. So sagte eine Frau vor dem Dom: "Der Gidi hat doch den Iby in Rom vernadert, wegen des Dialogs im Burgenland".

Zsifkovits hat sein Etappen-Ziel erreicht. Jetzt geht er an die Arbeit. Unmittelbar nach seiner Bischofsweihe und der kanonischen Besitzergreifung der Diözese tauschte er den Generalvikar, wenige Tage später die Leiter des Pastoral- und Schulamtes aus. Weiters ernannte er Bischofsvikare für die kroatische und für die ungarische Volksgruppe, einen Generalassistenten der Katholischen Aktion und die Führung der Kirchenzeitung und des Diözesanverlages neu. Die Neuernannten übernehmen die Aufgaben zusätzlich zu ihren bisherigen Tätigkeiten.

Dafür gibt es einen neuen Posten: Moderator der Diözesankurie. Diese Funktion ist zwar im Kirchenrecht vorgesehen, in keiner anderen Diözese Österreichs aber eingerichtet. Die kleinste Diözese Eisenstadt braucht sie aber offensichtlich. Petar Ivandic wird neuer starker Mann in der Diözese. Normalerweise ist das der Generalvikar. Mit Ivandic - so fürchten manche - sei der Mann für's Grobe gekommen. Erst vor wenigen Wochen - also pünktliche zur Weihe - hat er das Studium für Kirchenrecht in Rom abgeschlossen.

Der Austausch des Regens des Priesterseminars verlief offensichtlich nicht nach Plan. Johannes Pratl trat nicht - wie andere - freiwillig zurück. Also schrieb ihm Zsifkovics am 1. Oktober: "Da Sie meiner mündlichen Aufforderung zum freiwilligen Amtsverzicht...nicht nachgekommen sind, bin ich genötigt, Ihnen mitzuteilen, dass Sie mit Wirksamkeit vom 1. Oktober von Ihrem Amt enthoben sind". Gründe lägen vor, meinte er, die eine weitere Tätigkeit als Regens "unfruchtbar erscheinen lassen", heißt es in dem Schreiben kryptisch.
Weiter deutlich: "Ich fordere Sie auf, die Regenswohnung im Priesterseminar unverzüglich für Ihren Nachfolger frei zu machen". Kollegen Pratls sagen, er habe seine Aufgaben ausgezeichnet erfüllt. Die Presse mutmaßt hinter der Aktion eine Vorsprache Pratls beim Nuntius, weil sich der Regens dort gegen die Ernennung Zsifkovics als Bischof ausgesprochen habe.

Im seinem ersten Interview mit der Kirchenzeitung stellte Zsifkovics gleich zu Beginn fest, in seiner Ausdrucksweise ziehe er Sachlichkeit und Differenzierung Vermischungen vor. So spricht er nicht von der Pflicht zum Zölibat, sondern sagt der Zölibat müsse "von der Wirklichkeit des Himmels", her verstanden werden. Zum Frauenpriestertum wolle er keine "Hoffnungen schüren, von denen er begründet annehmen müsse, dass sie zu Enttäuschungen führen werden." Das Priestertum habe nichts mit Führung und Macht zu tun. Es ist ein "Dienst als Unterordnung unter den Heilswillen Gottes". Und zu den Geschiedenen und Wiederverheirateten sagte er, "natürlich" ringe die Kirche um "eine ehrliche Antwort zu geben". Hilfe ist das trotzdem noch keine.

Wie Zsifkovics journalistische Freiheit versteht zeigt sich, dass er ein fertiges Interview zum Abdruck übergeben lässt. Der Autor der die Fragen stellte ist nicht bekannt. Freie Interviews lehnt er laut der Tageszeitung "Die Presse" ab. Umso wichtiger sind ihm Titel. Er lässt sich "Hochwürdigster Herr Bischof"nennen. Ja bereits vor der Weihe wies sein Sekretär darauf hin, er sei ab nun mit "Excellenz" anzureden.

Im besagten Interview wünscht sich der neue Eisenstädter Bischof "eine einladende Kirche, die Geborgenheit und Schutz gibt". Erkennbar ist das Gegenteil: sein Machtbewusstsein. Die bisherigen Entscheidungen wurden kalt nach dem Kirchenrecht vollzogen. Die Weihe populistisch inszeniert. Mittlerweile breitet sich in der Diözese ein Nebel von Angst und Misstrauen aus, wie ihn normalerweise Diktaturen versprühen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, vor allem jene, die ihren Beruf ohne Zustimmung des Bischofs nicht weiter ausüben können, werden durch den neuen Umgangsstil verschreckt. Hinter scheinbar sachlichen Formulierungen werden Drohungen verspürt. Der menschenfreundliche jesuanische Geist des guten Hirten wird durch Angst machendes Kirchenrecht ersetzt. Eine Lähmung des Leibes Christi setzt ein. In einem solchen Klima kann sich das "Reich Gottes" nicht ausbreiten. Eine "einladende Kirche" sieht anders aus.

Oft wird das Auftreten eines Bischofs mit dem eines Chefs verwechselt. Dieser könne sich doch auch seine Mitarbeiter aussuchen, wird gutwillig argumentiert. Dabei wird völlig übersehen, dass Kündigung und Arbeitslosigkeit keine Optionen Jesu waren. Auch wenn Zsifkovics nicht nur böswillig handelt, nützt er doch Spielräume des Kirchenrechts aus und zeigt, wozu das "System Kirche" auch fähig ist. Er ist ein Kind des Systems. Eine Liebesgemeinschaft braucht aber mehr als Vollstrecker des Kirchenrechts die Angst und Schrecken verbreiten oder linientreue Scharfmacher sind.

Mit Jesus stehen Christinnen und Christen an der Seite der Armen, Entrechteten, der Gedemütigten und Gekündigten. Gefährdete Angestellte werden unsere Aufmerksamkeit und unser aller solidarisches Handeln brauchen, damit sie nicht unter die Räder kommen."

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