Freitag, 22. April 2011

Steig herab vom Kreuz!

„Steig herab vom Kreuz!“,
so schrien sie.

Wir wollen glauben,
wenn wir um das Kreuz herumkommen.

Wir wollen glauben,
wenn es nichts kostet.

Wir wollen glauben,
wenn wir nichts lernen müssen.

Wir wollen glauben,
wenn wir nicht denken müssen.

Wir wollen glauben,
wenn alles so bleibt, wie es ist.

Wir wollen glauben,
wenn unsere Ruhe nicht gestört wird.

Wir wollen glauben,
wenn das Mittelmaß das Ideal sein darf.

Wir wollen glauben,
wenn wir mit halben Lösungen leben dürfen.

Wir wollen glauben,
wenn wir Geld als Gott verehren dürfen.

Wir wollen glauben,
wenn wir den Feind vernichten dürfen.

Wir wollen glauben,
wenn der Glaube unsere Macht verstärkt.

Wir wollen glauben,
wenn die Wahrheit zum Lehrsatz wird.

Wir wollen glauben,
doch wir wollen uns nicht ändern.

„Steig herab vom Kreuz! Es ist noch Zeit!
Steig herab! Wir bitten dich.
Siehst du nicht ein:
Du bist allein mit deiner Wahrheit!
Steig herab und zeig,
dass du nur ein Mensch bist,
der zu schwach ist, zu seinem Wort zu stehen.
Steig herab vom Kreuz!
Gib nach und sei vernünftig!
Wir wollen deinen Anspruch rasch vergessen!
Steig herab vom Kreuz, wir folgen dir!
Dort oben bleibst du allein!“

Und ER starb dort oben!
Als Zeuge der Wahrheit, nicht der Lüge.

Gutl Martin, Ich bin bei dir, Verlag Styria 2001, 77f.

 
Mitleidend

Du
nimmst das Leiden nicht aus unserem Leben
weil es scheinbar keine Liebe ohne Leiden gibt
Du gehst mit uns hindurch
verheißt uns die Kraft
Leere auszuhalten
Verunsicherung anzunehmen
Krise als Chance zu sehen

Im Nachhinein kann ich sehen
wie Du mich begleitet hast
wie sich Dein Wohlwollen
wie ein roter Faden durch mein Leben zieht

Staunenswert ist Dein Tun an den Menschen

Du verwandelst
Resignation in Hoffnung
Misstrauen in Zuversicht
Ohnmacht in Widerstand
Aggression in Versöhnung
Unterdrückung in Freiheit

Dir
vertraue ich weiterhin mein Leben an

Pierre Stutz, Du hast mir Raum geschaffen,
Verlag Herder, Fr. i. Br. 2003, 74.


 

Trotzdem

wenn mein Bitten
nicht erfüllt wird
braucht es nicht
an der Intensität meines Bittens zu liegen

wenn es sich anders fügt
als ich gedacht habe
kann es gut sein
dass es so besser ist

wenn meine Erwartungen
enttäuscht werden
ist es vielleicht an der Zeit
Neues zu suchen

wenn ich auf einen anderen Weg geschickt werde
als den den ich gehen wollte
könnte es gut sein
dass Gott im Spiel ist

sich eingemischt hat
mich schickt wohin ich nicht will
meine Erwartungen enttäuscht
meine Bitten nicht erfüllt

dein Plan ist größer
deine Gedanken sind weiter
deine Wege sind vielfältiger
deine Liebe ist größer

trotzdem
ich protestiere
Gott
so lasse ich mit mir nicht umspringen

und doch
gebe ich mich hinein
verlasse mich auf dich
traue dir

ich glaube dir

Grün A., Und alles lassen, weil er mich nicht lässt,
Verlag Herder, Fr. i. Br. 31996, 75f.

Keine Kommentare: