Freitag, 12. August 2011

Vorstand der Pfarrerinitiative informiert über Gespräch mit Kardinal Schönborn

NEWSLETTER 9 vom 10. August 2011

Liebe Mitglieder, Unterstützerinnen und Unterstützer !

Hier ein Bericht vom aktuellen Stand der Dinge rund um den „Aufruf zum Ungehorsam“.

Nach seiner ersten öffentlichen Reaktion im MitarbeiterInnenmagazin der Erzdiözese Wien „thema kirche“ hat mich Kardinal Schönborn am 12. Juli kontaktiert und zusammen mit den vier Vorstandsmitgliedern der Pfarrer–Initiative aus der Erzdiözese Wien für 10. August zum Gespräch gebeten. Gestern nun trafen Hans Bensdorp, Gerald Gump, Franz Ofenböck und ich den Kardinal zum Gespräch. Er hatte seinerseits noch den geschäftsführenden Vorsitzenden des Priesterrates, Karl Pichelbauer, den Pressesprecher der ED Wien, Dr. Michael Prüller, und den erzb. Sekretär, Klemens Beirer, als weitere Gesprächsteilnehmer eingeladen.

Auf einige Fragen Kardinals Schönborns stellten wir zunächst klar, dass der „Aufruf…“ eine Initiative des Vorstandes der Pfarrer–Initiative ist und somit von den Mitgliedern der Pfarrer–Initiative nicht „mitunterschrieben“ wurde. Diese daher die Möglichkeit haben, den „Aufruf…“ zu kritisieren, sich von ihm zu distanzieren und diese Aktivität des Vorstandes bei der nächsten Generalversammlung zur Debatte zu stellen (bis hin zu einer Abwahl des Vorstandes). Wir berichteten auch, dass nach der Veröffentlichung des „Aufrufes“ 4 Mitglieder die Pfarrer–Initiative verlassen haben, 21 Priester als Mitglieder neu beigetreten und 2 Priester als Unterstützer dazugekommen sind. Außerdem haben über 160 Laien sich als Unterstützer angemeldet! Die Kritik des Kardinals, über den „Aufruf…“ nicht vorinformiert worden zu sein“, nahmen wir zur Kenntnis.

Dann ging es erwartungsgemäß längere Zeit um das Thema „Un-/Gehorsam“ und Schönborn wiederholte die Kritik seiner offiziellen Stellungnahme von Anfang Juli. Wir bestätigten, dass die Formulierung „Aufruf zum Ungehorsam“ von verschiedener Seite – auch von einigen Mitgliedern der Pfarrer–Initiative – kritisiert worden ist. Zugleich verwiesen wir darauf, dass die im „Aufruf…“ angekündigten pastoralen Praktiken tatsächlich offiziell „Ungehorsam“ sind, - wenn auch von den Bischöfen still geduldet. Und dass die öffentliche Diskussion über den „Aufruf…“ zeigt, wie wenig geklärt das Thema „Gehorsam /Unge­horsam in der Kirche“ ist, - und wie überfällig eine Diskussion darüber.

In der Diskussion über die einzelnen Punkte des „Aufrufes“ nahm dann die über die Zulassung von Verheirateten zum Priesteramt (Pkt.7) den breitesten Raum ein. Dieses Anliegen sei, so Schönborn, - wie die anderen Anliegen auch - kein Lösungsansatz für die Kirchenprobleme, und obendrein werde in Rom darüber entschieden. Auf unsere Bitte, sich in dieser Frage selbst eindeutig zu positionieren und nicht nur auf „Rom“ zu verweisen, stellte er klar: er sei auch ganz persönlich für die Beibehaltung der derzeitigen Zölibatspflicht für Priester, weshalb er eine diesbezügliche Änderung weder in der Bischofskonferenz noch Rom gegenüber betreiben oder unterstützen werde. In einer Zeit, in der gesellschaftlich und politisch das herkömmliche Eheverständnis durch die Legalisierung anderer Partnerschaftsformen untergraben würde, wäre eine Abschaffung des Pflichtzölibates das falsche Zeichen. Auf unseren Hinweis, dass damit u.a. viele zum Priesteramt Berufene und für die Leitung von Gemeinden Begabte der Kirche verloren gehen, antwortete Schönborn, dass der Notstand bei uns nicht so groß sei und wegen verheirateter Pfarrer allein auch nicht mehr Menschen zum Gottesdienst kommen würden.

Schließlich stellte der Kardinal fest, dass er auf einer Klarstellung unsererseits bestehen müsse: ob wir es nun mit unserem Gewissen vereinbaren könnten, den Vorgaben der Kirche und des päpstlichen Lehramtes zu folgen, oder nicht. Im letzteren Fall sollten wir überlegen, ob wir weiterhin mit der Kirche gehen können. Das sei der „springende Punkt“, eine Frage der „confessio“. Dazu überreichte er uns einen Fragenkatalog mit der Bitte, ihm auf die Fragen darin innerhalb angemessener Zeit Antwort zu geben. Das betreffe nur die Pfarrer–Initiative–Vorstandsmitglieder aus der ED Wien. Er spreche hier nicht als Vorsitzender der Bischofskonferenz. Er überlege noch, den Text – allenfalls überarbeitet – zu veröffentlichen, und würde uns diesbezüglich Bescheid geben. Dann könnten auch wir ihn auf der Homepage der Pfarrer–Initiative veröffentlichen.

Wir verabschiedeten uns mit der Information, dass wir als nächstes im Gesamtvorstand der Pfarrer–Initiative über die Ergebnisse des Gespräches berichten und beraten und anschließend die Pfarrer–Initiative – Mitglieder informieren werden. Letzteres ziehen wir mit diesem Newsletter vor, weil in den Medien über dieses Gespräch Verschiedenes zu lesen ist.

Einige von Euch haben uns ihre Meinung über den „Aufruf“ mitgeteilt, - sowohl zustimmend als auch kritisch. Wir möchten Euch ermuntern, das auch weiterhin zu tun und Euch im Forum unserer Homepage oder auch auf anderen Wegen zu Wort zu melden.

Weiters nütze ich die Gelegenheit, an unsere diesjährige Generalversammlung am 6. November 2011 in Linz zu erinnern (weitere Einzelheiten folgen).

Sonst werden wir Euch im Fall neuer Entwicklungen auf dem Laufenden halten. Darüber hinaus bleiben wir im Gebet um eine vom Geist Gottes geführte Erneuerung unserer Kirche verbunden.

Im Namen des Vorstandes grüßt Euch
Helmut Schüller

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