Montag, 26. November 2012

"Jesus, der Zölibatäre" oder "Jesus, unser Wegbegleiter"?

Predigt von Pfarrer Dietmar Stipsits am Christkönigs-Sonntag (25.11.2012)

Liebe ChristInnen!

„Christus, unser König“ war die Botschaft von Papst Pius XI., der 1925 aus Anlass der 1.600-Jahr-Feier des Konzils von Nizäa (325) den Christkönigs-Sonntag einführte, zunächst am letzten Sonntag im Oktober, seit der Liturgiereform des II. Vat. Konzils dann als letzter (= 34.) Sonntag im Jahreskreis. Welcher Christus wird uns derzeit von den Verantwortlichen in unserer Kirche vermittelt, hab ich mir die Frage gestellt. Und ich habe den Eindruck, dass uns derzeit Papst und Bischöfe vor allem „Jesus, der Zölibatäre“ schmackhaft machen möchten.

Ich weiß nicht, ob Sie es in der vergangenen Woche in den Medien mitverfolgt haben: Der Pfarrer im niederösterreichischen Hausleiten, Peter Janousek, tritt als Pfarrer zurück, weil er in einer Beziehung lebt. Der zuständige Bischofsvikar, Weihbischof Turnovszky, meinte dazu: Er respektiere voll und ganz die Entscheidung des Pfarrers. Trotz aller Härte gebe es aber „gute Gründe“ für den Zölibat.

Der Zölibat sei – so der Weihbischof - „eine in besonders deutlicher Weise gelebte Nachfolge Christi“, „macht den Priester frei für alle ihm anvertrauten Menschen und ist ein Sichtbarmachen des Glaubens an die letztliche Erfüllung menschlicher Sehnsucht durch Gott - einen Glauben, ohne den ein solches Opfer sinnlos wäre“. Darüber hinaus sei der Zölibat „ein lebendiger Ausdruck der Solidarität mit allen, die, aus welchen Gründen auch immer, ohne Partner leben müssen“, sagte Weihbischof Turnovszky. – „Jesus, der Zölibatäre“…

Der Abt des Benediktinerklosters Einsiedeln in der Schweiz, Martin Werlen, hat vor kurzem ein Schreiben veröffentlicht unter dem Titel „Miteinander die Glut unter der Asche entdecken“, wo er brennende Fragen und Probleme in unserer r.-k. Kirche zur Diskussion stellt. Zum Thema „Jesus, der Zölibatäre“ schreibt er:

„Die zölibatäre Lebensform ist ein (!) möglicher Weg der Nachfolge Jesu Christi, genauso wie die eheliche Lebensform. Beide Lebensformen sind Charismen – Geschenk Gottes. Dies wird in der Öffentlichkeit kaum mehr so wahrgenommen – auch nicht unter Getauften. Wir haben es fertiggebracht, die Christusnachfolge in der Ehelosigkeit so zu präsentieren, dass sie einfach als Gesetz gilt. (...) Könnte es nicht auch anders tönen? Könnte die Zulassung zur Weihe nicht anders gestaltet und die zölibatäre Lebensweise von Christinnen und Christen in der Folge anders wahrgenommen werden?

Zum Beispiel so: «Der Zölibat der Kleriker, gewählt für das Reich Gottes und sehr angemessen für das Priesteramt, soll gemäß der Tradition der Universalkirche überall große Wertschätzung erfahren. Genau gleich soll in Ehren gehalten werden der Status der in Ehe lebenden Kleriker, bestätigt durch die Praxis der Urkirche und der orientalischen Kirchen.» Eher progressiv eingestellte Getaufte werden den Kopf schütteln und sagen, dass sie das nicht mehr für möglich halten. Das ist zu weit weg vom Denken in Rom. Eher konservativ eingestellte Getaufte werden den Autor der Häresie verdächtigen. Beide Seiten werden überrascht sein, wenn sie erfahren, dass der angeführte Textvorschlag ein offizieller Text von Rom ist, unterzeichnet 1992 von Papst Johannes Paul II. Es handelt sich um Kanon 373 des Kirchenrechts für die orientalischen Kirchen, die in voller Einheit mit Rom stehen.“ – so Abt Werlen.

Ich glaube, noch offenkundiger muss nicht dargelegt  werden, dass bzgl. des priesterlichen Zölibats auch andere Wege möglich sind. Nicht nachvollziehen kann ich es daher, dass gute Pfarrer gehen müssen und ihr Priestersein nicht mehr ausüben dürfen, weil sie offen und ehrlich zu ihrer Beziehung stehen. Nicht „Jesus, der Zölibatäre“ sollte unsere Kirchenleitung uns ständig als Ideal vor Augen führen, sondern „Jesus, unser Wegbegleiter“.

Der heutige Christkönigs-Sonntag sagt mir: Jesus ist mit uns auf dem Weg. Und dieses „Mit-Jesus-auf-dem-Weg-sein“ sollte in folgender – von Papst Johannes XXIII. formulierten - Haltung geschehen: „Wir sind nicht auf Erden, um ein Museum zu hüten, sondern einen Garten zu pflegen, der von blühendem Leben strotzt und für eine schöne Zukunft bestimmt ist“ – heute und jeden Tag aufs Neue, bis in Ewigkeit.

Quelle: Pfarre Bad Tatzmannsdorf >>

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